„Geld muß unser Sklave sein”

Eine neue Initiative will Christen für biblische Finanzprinzipien gewinnen

Allen Klagen über die schlechten Wirtschaftsprognosen zum Trotz: Deutschland und die Schweiz zählen nach wie vor zu den reichsten Ländern der Welt. Für Deutschland wird der Wert, der allein Jahr für Jahr vererbt wird, derzeit auf 500 Milliarden Mark geschätzt. Eine der Folgen ist ein ungeheurer Stiftungsboom. Die Bibel spricht in Altem wie Neuem Testament sehr viel über Geld und Reichtum. In christlichen Gemeinden ist davon außer regelmäßiger Spendenappelle fast nichts zu hören. Eine neue Initiative aus Nordamerika “History’s Handful” (“Eine Handvoll Menschen, die Geschichte schreiben”) will im deutschsprachigen Europa Christen für die Anwendung biblischer Finanzprinzipien gewinnen.

Marcus Mockler, Idea

Zu den umstrittensten Themen in Gemeinden gehört die Frage: Will Gott, daß Christen reich werden? Die Befürworter sind schnell als Vertreter eines “Wohlstands-Evangeliums” verschrien, die Gegner gelten als Kleingläubige, die ihrem Gott nichts zutrauen. Für Earl Pitts, ehemals Manager bei IBM und seit 21 Jahren Leiter des evangelikalen Missionswerkes “Jugend mit einer Mission” Kanada, ist die Antwort klar. Gott will, daß die Christen zu Wohlstand kommen. Allerdings für einen klaren Zweck: Geld und Besitztümer müssen wiederum dem Reich Gottes dienen. Das Bewußtsein für einen treuhänderischen Umgang mit Geld schärft der 64jährige weltweit in Vorträgen und Seminaren wie jüngst in Bonn, wo er auf Einladung der Initiative und dem Verleger Norman Rentrop zu Geschäftsleuten sprach.

Unter Gebet Jahresfinanzplan aufstellen
Pitts gibt sehr konkrete Anregungen, wie Christen mit dem Geld umgehen sollten. Er hat eine praktikable Antwort auf die Frage gefunden, wieviel auf der Ausgabenseite “genug” ist. Sein Vorschlag: Ein Alleinstehender oder ein Ehepaar macht eine Liste, die alle vorgesehenen Ausgaben für das kommende Jahr enthält: Verpflichtungen (Miete, Steuern), Notwendigkeiten (Lebensmittel, Benzin) und Wünsche (neue Möbel, Urlaubsreise). Unter Gebet ist dann zu prüfen, welche der Wünsche wirklich notwendig sind und wo man sparen kann. Die Summe dessen, was übrigbleibt, wird durch zwölf geteilt. Das ergibt allerdings noch nicht den Betrag, den man nun monatlich einnehmen soll, sondern nur rund 90 Prozent davon. Denn Pitts ist überzeugt: Christen sollen nach alter biblischer Weisung den zehnten Teil ihrer Einnahmen direkt weggeben und für Gemeinde und Mission spenden.

Den “Zehnten” geben
Daß manche Christen der Überzeugung sind, der “Zehnte” entspreche “nur” alttestamentlichem Gesetz und sei deshalb für sie nicht verbindlich, hält Pitts für einen Fehler. Der Zehnte tauche erstmals bei der geheimnisvollen Begegnung von Abraham mit dem Priester Melchisedek auf (1. Mose 14). “Das war 430 Jahre, bevor Gott über Mose das Gesetz dem Volk Israel gab.” Nach Erfahrung des Managers erleben Christen, die den Zehnten nicht geben, besonders häufig unerwartete Sonderausgaben – es liegt also seiner Ansicht nach buchstäblich kein Segen darauf, diese zehn Prozent zurückzuhalten. Die biblischen Warnungen vor einem falschen Umgang mit Reichtum nimmt Pitts sehr ernst, er warnt immer wieder vor dem Götzen “Mammon”, dem allzuviele Menschen dienen. “Geld muß unser Sklave sein. Wir müssen allezeit wissen, wo es ist und was es gerade tut.” Wer Schulden hat, dem empfiehlt Pitts, mit seinen Gläubigern – auch wenn es sich dabei um den eigenen Vater handelt – präzise Rückzahlregelungen zu treffen. Denn damit ist klar: Sollte der Schuldner in einem Monat unerwartet mehr Geld einnehmen und hat seine Tilgungsrate bereits gezahlt, kann er seinen Überschuß guten Gewissens spenden. “Es ist keine Sünde, Schulden zu machen, aber es ist eine Sünde, Mißmanagement beim Abbau seiner Schulden zu betreiben. ”Gott hat unbegrenzte Ressourcen
Daß Gott ein Gott des Wohlstandes ist, liest Pitts schon aus dem Alten Testament, wo die Männer Gottes in der Regel reichlich mit Land, Häusern, Vieh und Nachwuchs gesegnet sind. Christen sollten deshalb von der Fülle Gottes her denken, nicht vom Mangel unter Menschen. Das Argument, man müsse die Weltbevölkerung begrenzen, weil die Rohstoffe nicht ausreichen, hält der Kanadier für Unsinn. In letzter Konsequenz hieße das, Gott mache mit dem Schaffen von Menschen Fehler, weil er sie nicht versorgen könne. Dabei habe er den Menschen Kreativität gegeben, um die Probleme zu lösen. Dadurch sei beispielsweise die Entdeckung neuer Energien gelungen. Auf dem Sektor Kreativität sieht Pitts eine besondere Chance für Christen. Er berichtet von Unternehmern, die in Träumen und Visionen ihre Geschäftsideen erhalten hätten. Diese schliefen nur noch mit Schreibpapier auf dem Nachttisch, um diese Ideen gleich zu notieren – und hätten damit Erfolg, der wiederum Finanzen für das Reich Gottes freisetze. Ein Mangel in Pitts‘ Referat: Auf die Beobachtung, daß Gott manchmal auch bei treuen und spendablen Christen Mißerfolg zuläßt, um möglicherweise ihren Glauben zu prüfen, ging er nicht ein.

Unternehmer als Gemeindemitarbeiter gewinnen
Die Initiative “History’s Handful”, auf deren Einladung Pitts in Deutschland und der Schweiz gastierte, wurde von dem internationalen Missionswerk “Campus für Christus” ins Leben gerufen. Koordinator für Europa ist der Schweizer Horst Reiser (Zürich). Seiner Ansicht nach ist es höchste Zeit, Unternehmer und Geschäftsleute nicht nur als potentielle Spender, sondern als kompetente Mitarbeiter für die Arbeit im Reich Gottes zu gewinnen. Diese Gruppe sei kreativ und entscheidungsfreudig, werde aber in Gemeinden oft beargwöhnt, weil man dort den Umgang mit viel Geld als “schmutzig” betrachte und wenig Verständnis habe, wenn sich Firmenchefs wegen Arbeitsüberlastung kaum ehrenamtlich engagieren könnten. Nach Reisers Ansicht ist es höchste Zeit, Geschäftsleute und geistliche Leiter (vom Pfarrer bis zum Direktor eines Missionswerkes) an einen Tisch zu bringen. “Dadurch werden wir im Reich Gottes effektiver.” Ähnlich sieht das der Leiter von “Campus für Christus” in Deutschland, Duane Conrad (Gießen): “Geschäftsleute haben ihre eigene Kultur. Sie inspirieren sich gegenseitig, in großen Dimensionen zu denken. Davon können Gemeinden, Missionswerke und andere christliche Einrichtungen profitieren.”

“Wo euer Schatz ist …”
Wesentlich für diesen Arbeitszweig ist dabei, Unternehmern geistliche Hilfestellung für den Umgang mit Geld zu geben. Deshalb soll es in den kommenden Jahren verstärkt Seminarangebote geben, in denen das Studienmaterial der amerikanischen Berater Larry Burkett und Howard Dayton durchgearbeitet wird. Das Ziel: Christliche Geschäftsleute sollen ihre Firma nicht nur als Ort des Broterwerbs begreifen, sondern als Instrument, Gelder und Ressourcen für Missionare, Sozialwerke und andere christliche Dienste freizusetzen. Es geht also nicht darum, daß fromme Geschäftsleute von möglicherweise dicken Gewinnen ein paar Almosen weiterleiten. Die von Jesus ausgesprochene Warnung wird unzweideutig verkündigt: “Wo euer Schatz ist, da ist euer Herz.” Im März 2002 wird es dazu in Schloß Imbshausen bei Northeim ein Multiplikatorenseminar geben. Mitte Juni trifft sich dann vermutlich mehr als eine Handvoll Freunde von “History’s Handful” aus ganz Europa in der lettischen Hauptstadt Riga, um sich mit der Vision zu befassen, wie man sein Unternehmen dem Reich Gottes weiht. Horst Reiser und Duane Conrad sind sich einig: “Wir wollen, daß unter Christen wieder wie zu biblischen Zeiten angemessen über das Thema Geld geredet wird.” (Kontaktadresse. History’s Handful, www.historyshandful.ch, Josefstr. 206 , CH-8005 Zürich)
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