Wo die „Macher“ Erfolgsgeschichte schreiben

Der Verlag Norman Rentrop – ein Unternehmensporträt kurz vor der Umfirmierung 1998

Gernot Müller-Serten

Wer den Bonner Verleger Norman Rentrop (40) nach dem erstaunlichen Erfolg seines Unternehmens fragt, erhält eine einfache, aber klare Antwort: „Machen!“. Rentrop selbst ist die Verkörperung dieser Verlagsphilosophie. Knapp volljährig gründete er 1975 sein Verlagsunternehmen. Heute ist der Verlag Norman Rentrop gemäß der jährlichen Umsatzrangliste des „Buchreports“ der siebtgrößte Fach- und Wissenschaftsverlag Deutschlands mit 162 Millionen D-Mark Umsatz im Geschäftsjahr 1997. Rentrop beschäftigt 220 Mitarbeiter in Bonn und weltweit 600. Die Idee für sein erstes Verlagsprodukt, das vorwiegend für Existenzgründer konzipierte Magazin „Die Geschäftsidee“, hatte Rentrop als Austauschschüler in England entdeckt. Auch nach 23 Jahren gehört das Magazin noch immer zu den umsatzstärksten und erfolgreichsten Verlagsprodukten des Bonner Verlagsunternehmens.

Ein Macher wie Rentrop braucht Macher um sich. Mit großer Sorgfalt werden die Mitarbeiter des Verlags ausgesucht, wobei naturgemäß vor allem auf die Macherqualitäten Wert gelegt wird. Der Verleger weiß, daß der Fachverlag mit seinem breit gefächerten Angebotsprogramm nur so gut ist wie seine Mitarbeiter. Teamarbeit und Mitarbeitermotivation werden im Rentrop-Verlag daher groß geschrieben. Die ständige Weiterbildung der Mitarbeiter ist ein herausragendes Ziel der Verlagsleitung und ein ganz persönliches Anliegen des Verlegers. Die 1995 gegründete Rentrop-Akademie dient diesem Ziel. Die Institution organisiert Fachseminare und Tagungen, lädt zum Erfahrungsaustausch ein und bietet jedem Mitarbeiter eine Fülle von Programmangeboten zur Weiter- und Fortbildung an. Als Referenten werden rund 30 mal im Jahr die Besten ihres Faches eingeladen: Marketingexperten aus den USA, Deutschlands führende Verlagsleiter oder Top-Journalisten aus den verschiedensten Sparten.

Großen Wert legt Rentrop auch auf die Förderung des eigenen Nachwuchses: Alle Auszubildenden werden wöchentlich vier Stunden zusätzlich geschult, um sie für spätere Aufgaben im Verlag fit zu machen. Die Aufstiegschancen für junge dynamische Mitarbeiter sind in einem derart expandierenden Unternehmen enorm. Nicht ohne Grund sind die Ausbildungsplätze im Rentrop-Verlag daher auch bei Hochschulabsolventen sehr gefragt. Zur Zeit bildet der Verlag 30 junge Leute zu Verlagskaufleuten und 12 Verlags- und Redaktionsvolontäre aus.

Ein weiteres Instrument zur Mitarbeiterentwicklung ist das von Rentrop eingeführte 14. Monatsgehalt, das der Verlag jährlich jedem Mitarbeiter für seine Weiterbildung zur Verfügung stellt. Hiermit können z.B. auch Seminare und Trainingsangebote auf dem offenen Weiterbildungsmarkt finanziert werden. Die Verwendung der Mittel ist jedem Mitarbeiter freigestellt. Die Verlagsleitung setzt mit diesem Angebot ein deutliches Signal, um damit die Bedeutung des lebenslangen Lernens zu unterstreichen. Das rasante Wachstum des Rentrop-Verlags ist zweifellos auch auf die hohe Motivation der Mitarbeiter zurückzuführen.

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Eine Verlagsleitung, die „Machen“ und „Anpacken“ zum Führungsprinzip erkoren hat, muß zwangsläufig Verantwortung delegieren. Lange Entscheidungswege gibt es bei Rentrop nicht. Früher als viele andere Verlage führte der Verleger bereits 1988 Profit-Center ein. Jeder der 43 Profit-Center-Leiter in Bonn (57 in der Verlagsgruppe) ist befähigt, alle Entscheidungen, die sein Verlagsprodukt betreffen, eigenverantwortlich zu treffen. Diese „Unternehmer im Unternehmen“ entscheiden sowohl über die Werbebudgets als auch über die Besetzung der Redaktion und natürlich auch über ihr Finanzbudget.

Schnelle Entscheidungen und neue Ideen sind bei Rentrop erwünscht. So gehört es schon fast zum geschäftlichen Alltag des experimentierfreudigen Verlagshauses, daß neue Ideen ohne langwierige Verzögerungen in Produkte umgewandelt werden. Dazu ein Beispiel: Verlagsleiter Helmut Graf (40) hatte im vergangenen Jahr eine zunehmende Nachfrage nach Informationen zu natürlichen Gesundheitsmitteln erkannt. Als Geschäftsführer der Rentrop-Tochter FID-Fachverlag für Informationsdienste gründete er kurzerhand einen Informationsdienst „Natur und Gesundheit“, den die Diplom Biologin Susanne Kolle (28) inzwischen erfolgreich betreut.

In den insgesamt 57 Profit-Centern der Verlagsgruppe laufen täglich große Mengen an Informationen zusammen. Denn alle Profit-Center-Leiter sind im permanenten Gespräch mit ihrer jeweiligen Zielgruppe. Über Direktmarketing, Werbebriefe, Beilagen, durch Anzeigen, Fernsehspots, „Fax on demand“ oder Telefonmarketing und schließlich durch Ausstellungen und Messen sowie eine gezielte Presse- und PR-Arbeit ist der Verlag in ständigem Dialog mit seinen Kunden. Dieser direkte Draht zum Kunden ist eine der großen Stärken des Verlags. Denn mit Hilfe dieses intensiven Informationsaustauschs werden schneller als anderswo Marktbedürfnisse erspürt und Trends erkannt. Nach sorgfältiger Prüfung und genauer Analyse werden die Erkenntnisse in neue Verlagsobjekte umgewandelt. Bevor ein neues Rentrop-Produkt jedoch endgültig auf den Markt kommt, durchläuft es eine systematische Testphase auf seine Markttauglichkeit und Marktakzeptanz.

Zum Erfolg der einzelnen Produkte tragen vor allem jene Mitarbeiter bei, die diese Objekte verantwortlich redigieren: Die Chefredakteure. Bei ihrer Auswahl legt die Verlagsleitung daher hohe Maßstäbe an die fachliche und journalistische Qualifikation an. Jeder veröffentliche Text muß zwei Kriterien erfüllen: Unmittelbaren Lesernutzen und direkte Umsetzbarkeit, Jeder Chefredakteur arbeitet je nach Themengebiet mit zehn bis 20 Fachautoren zusammen. Dabei werden ganz gezielt die Praktiker aus Wirtschaft, den beratenden Berufen und der Verwaltung gesucht. Sie sind am besten in der Lage, direkt für die Kunden verwertbare Informationen zu recherchieren und zu analysieren. Um eine gleichbleibend hohe Qualität zu sichern, wird jeder Text vor seiner Veröffentlichung von mehreren unabhängigen Gutachtern geprüft.

Seine herausragenden unternehmerischen Aufgaben sieht der Rentrop-Verlag darin, Selbständigen und Unternehmern in allen Lebenbslagen die richtigen Beratungsanleitungen für zweckgerichtetes und effizientes Handeln zu bieten und zu verbreiten. Zur Vermittlung dieser Beratungsdienstleistung bedient sich der Verlag publizistischer und auch elektronischer Mittel. Das geschieht aus der Erkenntnis heraus, daß nur so wertvolles Fachwissen zu fairen Preisen weitergegeben werden könne, erläutert Norman Rentrop.

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„Selbständigkeit heißt für mich: Selbstbestimmung über Arbeitszeit, Arbeitsinhalt und Arbeitsort“, sagt der Verleger. Dies ist die Erklärung dafür, daß viele seiner Chefredakteure nicht in Bonn, sondern in Mallorca, in Zürich oder in Hamburg ansässig sind und von dort aus arbeiten. Wo viele andere Unternehmen noch Konzepten wie „alles unter einem Dach“ oder „alle Mitarbeiter sind festangestellt und erscheinen zu geregelten Arbeitszeiten“ anhängen, geht der Rentrop-Verlag schon seit Jahren ganz neue Wege mit der größtmöglichen Flexibilität bei der Arbeitsgestaltung.

Einer der Wegbereiter war der Redenschreiber Friedhelm Franken, der seit Jahren als Chefredakteur mit großem Erfolg den „Reden-Berater“ betreut, eines der Standard-Werke des Rentrop-Verlags. Franken erklärte Rentrop frank und frei, er wolle die Chefredaktion nur dann übernehmen, wenn er von seinem Garten in Bonn aus arbeiten könne. Sein Argument gegenüber dem Verleger: „Sie wollen von mir prinzipiell nur das Ergebnis meiner Arbeit haben, also meinen Kopf, und nicht den Körperteil, auf dem ich sitze.“

Trotz einiger Bedenken wagte Rentrop diesen Versuch. Er ging sehr erfolgreich aus. Norman Rentrop heute: „Franken hatte Recht. Wir wollen seine geistige Leistung haben, nämlich die besten texte zum Thema „Reden schreiben“, die man sich vorstellen kann. Wir wollten nicht seine körperliche oder zeitliche Anwesenheit“.

Vom Erfolg dieses Experiments haben beide Seiten profitiert. Das Modell hat im Hause Rentrop schnell Schule gemacht.

Verlagsleiter Helmut Graf nennt ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Arbeit fernab von den Verlagsgebäuden in Bonn-Bad-Godesberg. Der Chefredakteur von „Kabel & Satellit“, Dr. Wolfgang Posewang, habe einen Traum gehabt: Bei der Produktion der Zeitschrift völlig ortsunabhängig zu sein. Selbst wenn er auf den Malediven Urlaub macht, wollte er auch von dort aus in der Lage sein, das Heft herzustellen. Graf: „Innerhalb von wenigen Wochen stand die Lösung.“

Das Internet machte es möglich. Per Internet kann Dr. Posewang heute komplette Artikel schreiben, sie in das Heft einsetzen und auch wieder herausnehmen. Mit Hilfe satellitengestützter Programmabläufe wird „Kabel & Satellit“ heute völlig unabhängig vom Ort hergestellt.

Über das virtuelle Büro wird viel geredet – im Rentrop-Verlag ist die Utopie bereits Realität geworden. Natürlich gibt es in Bonn noch richtige Büros mit Menschen, Schreibtische, Telefone und Computer- „Wir brauchen die Kommunikation, den permanenten Dialog im Haus“, sagt Norman Rentrop. In diesen Dialogrunden werden neue Ideen geboren und auf ihre Umsetzbarkeit im Markt besprochen. Aber Rentrop ist allem Neuen aufgeschlossen. Es gibt sicher nur wenige Unternehmer von der Experimentierfreudigkeit Rentrops. Auch dies gehört zur Erfolgsstory dieses Unternehmers.