Christophorus – Gedanken zu einem neuen Anfang

Die Legende von einem starken Mann, der jedermann diente und zum Christusträger wurde.

Anekdote

Christophorus soll ein Kanaaniter gewesen sein, der Sohn eines verfluchten Stammes. Der Legende zufolge hieß er Reprobus, der Verdammte.

Der starke junge Mann hatte schon immer ein festes Lebensziel: Er wollte den mächtigsten Herrscher der Welt ausfindig machen und sich in seinen Dienst stellen. Vielleicht suchte er unbewusst Hilfe bei einer höchsten Macht, um sich so von dem Fluch, der auf ihm lastete, zu befreien.

Auf der Suche hört Reprobus von einem König, dass dieser der Mächtigste sei. Er macht sich auf die Suche nach ihm, findet das Schloss und endlich auch die Gelegenheit, sich dem König anzubieten. Der König ist bereit, den starken jungen Mann in seinen Dienst zu nehmen.

Eines Tages gastiert ein Gaukler beim König, zeigt seine Künste und singt. In einem seiner Lieder ist vom Teufel die Rede. Kaum hat der König den Namen des Teufels gehört, macht er das Zeichen des Kreuzes. Reprobus will wissen, was dies zu bedeuten habe. Der König weigert sich zunächst, ihm zu antworten. Endlich sagt er:

„Wenn ich den Teufel nennen höre, mache ich das Kreuzeichen, damit er keine Macht hat, mir zu schaden.“

„Wie muss ich das verstehen?“ entgegnet der junge Mann verwundert. „Du hast Furcht vor dem Teufel? Dann muss dieser mächtiger sein als du. Und ich glaubte, dem mächtigsten Herrn zu dienen! Leb wohl. Ich verlasse Dich.“

Und er geht fort. Er wandert kreuz und quer durch die Welt und sucht den Teufel, um diesem seine Dienste anzubieten, denn offenbar ist der Teufel der Stärkste.

Eines Tages kommt er durch eine Wüste. Plötzlich sieht er eine schreckliche Gestalt auf sich zukommen, die ihn sogar anredet:

„Wen suchst Du?“

„Ich suche den Herrn Teufel“, antwortet Reprobus, „denn ich habe sagen hören, dass er im Besitz aller Macht ist.“

„Ich bin es, den du suchst“, erwidert die schreckliche Gestalt. So tritt er in den Dienst des Teufels, gehorcht ihm in allen Stücken und folgt ihm.

Eines Tages, während sie zusammen wandern, taucht vor ihnen unvermutet ein Kreuz auf. Da bleibt der Teufel stehen, um danach einen weiten Umweg einzuschlagen.

„Was bedeutet das?“ fragt Christophorus. „Warum meidest Du dieses Kreuz?“

Der Teufel, der den jungen Mann durchschaut, verweigert zunächst die Antwort. Erst nach immer neuen hartnäckigen Fragen gesteht er, dass er das Kreuz fürchte, seitdem Jesus Christus daran gestorben sei.

„Ach, du hast Furcht! Dann bist auch du nicht der Mächtigste! Leb wohl, ich werde solange suchen, bis ich Jesus Christus finde.“ Und er wendet sich vom Teufel ab.

Nun macht er sich auf eine Suche, die sich jedoch als schwierig erweist. Immer wieder fragt er Vorüberkommende, wo denn Jesus zu finden sei.

„Suche den Einsiedler auf, weit draußen in der Wüste“, sagt ihm ein Mann eines Tages. Und Reprobus findet den alten Mann.

„Was muss ich tun, um Jesus Christus zu finden?“ fragt er den Einsiedler.

„Du musst fasten“, entgegnet dieser.

„Fasten? Das kann ich nicht, gib mir einen besseren Rat.“ Der Einsiedler nennt ihm andere fromme Übungen.

„Unmöglich! Zu all diesen Dingen bin ich unfähig.“

„Höre“, sagt der Alte schließlich, „du kannst ihn finden, wenn du tust, was ich dir sage. Siehst du den gefährlichen Fluss da unten? Schon viele Menschen, die ihn überqueren wollten, verloren dabei ihr Leben. Nimm Wohnung in der kleinen Hütte an seinem Ufer. Dein hoher Wuchs und deine gewaltige Kraft erlauben dir, die Reisenden von einem Ufer zum anderen zu tragen. Sei jedermanns Knecht, dann wirst du den König der Könige, Jesus Christus, finden.“

„Ja,“ sagt der junge Mann, „das kann ich tun. Und das will ich auch tun.“

Unter den Reisenden, die über den Fluss wollen, wird sich, wie man weiß, eines Tages Jesus Christus befinden, der in einer stürmischen Regennacht die Gestalt eines Kindes angenommen hat.

Nach langen Jahren, in denen er vielen gedient hat, darf Reprobus das Jesuskind über den Fluss tragen. Die Legende schließt damit, dass er, völlig erschöpft, das Kind am anderen Ufer niedersetzt. Er sagt zu ihm:

„Ich glaubte zu sterben. Es war, als wenn ich die ganze Welt auf den Schultern gehabt hätte. Ich hätte es nicht länger ertragen.“

Das Kind antwortet: „Du hast mehr getragen als die Welt. Du hast den Schöpfer der Welt getragen: Ich bin der König, Jesus Christus.“

Und seitdem heißt der einst Verfluchte „Christophorus, der Christusträger.“