Steuerplanungskonzepte für die Unternehmensplanung

Referat von Norman Rentrop als Student im sechsten Semester 1980 an der Uni Köln

Norman Rentrop

Seminar

für

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre
und Betriebswirtschaftliche Planung

(Direktor: Prof. Dr. N. Szyperski)

Hauptseminar SS 1980

Referat zum Thema:

Steuerplanungskonzepte für die Unternehmungsplanung

Referent: stud. rer. pol. Norman Rentrop

Semester: 6

Anschrift: Moltkestr. 95, 5300 Bonn-Bad Godesberg
STEUERPLANUNGSKONZEPTE FÜR DIE UNTERNEHMUNGSPLANUNG

1. Das Verhältnis der Steuerplanung zur Unternehmungs- (Gesamt-) Planung

2. Finanzmathematische Optimierungsmodelle

2.1. Prämissen des Konzepts der Steuerkapitalwertminimierung
2.2. Prämissen des Konzepts der Nettokapitalwertmaximierung
2.3. Weiterentwicklungen der finanzmathematischen Optimierungsmodelle

3. Optimierungsmodelle zur simultanen Bestimmung von Investitions-, Finanzierungs- und Produktionsprogrammen mit Berücksichtigung der Steuern

4. Zusammenfassende Beurteilung der Optimierungsmodelle

5. Alternativen zum Totaloptimum

5.1. Simulationsmodelle

5.1.1. Der Modellansatz von Heinhold am Beispiel des Modells für die Einzelunternehmung

5.1.2. Integration des Steuersimulationsmodells in Gesamtplanungsmodelle

5.2. Schults Ansatz der komparativen Veränderung

STEUERPLANUNGSKONZEPTE FÜR DIE UNTERNEHMUNGSPLANUNG

1. Das Verhältnis der Steuerplanung zur Unternehmungs- (Gesamt-) Planung

In dem Bemühen, die Betriebswirtschaftslehre zu einer geschlossenen Entscheidungslehre zu entwickeln, wird seit den sechziger Jahren verstärkt die „integrierte Unternehmungsplanung“ diskutiert. Integrierte Planung liegt nach Szyperski/Winand dann vor, wenn „einzelne Planungen (oder Pläne) in einer Unternehmung unter Wahrung der zwischen ihnen existierenden sachlichen, räumlichen und zeitlichen Abhängigkeiten erfolgen“.

Was die Berücksichtigung der Steuern in der Planung angeht, so steht die Wissenschaft vor einer paradoxen Situation: Auf der einen Seite sind eine Vielzahl von Modellen zur Steuerplanung anhand verschiedener Konzepte entwickelt worden, auf der anderen Seite ist eine angemessene Berücksichtigung steuerlicher Aspekte in der Planungstheorie und –praxis kaum gegeben.

Letzteres ist um so bedauerlicher, als den Steuern – zumindest der Höhe nach – eine Bedeutung zukommt, die der Investitionen entspricht und die Steuern die Vorteilhaftigkeitsrangfolge in fast allen betrieblichen Bereichen beeinflussen.

Um den Ursachen für die mangelnde Berücksichtigung nachzugehen, will diese Arbeit die wichtigsten Konzepte zur Steuerplanung auf ihre Brauchbarkeit für die Einbindung in eine Planung der gesamten Unternehmung untersuchen. Dazu seien zunächst die verschiedenen Konzepte im Ablauf ihrer Entstehung vorgestellt, sie alsdann in Bezug auf ihre Prämissen, Handhabbarkeit und Wirtschaftlichkeit diskutiert und schließlich zukunftsweisende Ansätze vorgestellt.

2. Finanzmathematische Optimierungsmodelle

„In den Entscheidungsmodellen zur Steuerbilanzpolitik wird die Frage behandelt, ob und wann in einem mehrperiodigen Planungszeitraum die bilanzsteuerlichen Bewertungswahlrechte in Anspruch genommen werden sollen.“ Erste Überlegungen dazu formulierte Vogt bereits 1962. Sein „Gesetz der Normallinie“ besagt, daß bei progressiver Gestaltung des Ertragssteuertarifs die Summe der Ertragssteuern minimiert wird, wenn die Erträge gleichmäßig (in Normallinie) über die Perioden verteilt werden.

Vogts Ansatz berücksichtigt jedoch noch nicht den Effekt, daß Steuerverlagerungen über die Perioden Zinswirkungen mit sich bringen.

Diese Dynamisierung beinhaltet (durch Auf- bzw. Abzinsung mit Hilfe investitionstheoretischer Instrumente) zwei fast gleichzeitig zu Beginn der siebziger Jahre vorgestellte Konzepte:

a) das Konzept der Steuerbarwertminimierung von Marettek (zweckmäßiger Steuerkapitalwertminimierung genannt, da eine Summe von Barwerten = abgezinsten Steuerzahlungen minimiert werden soll ).

Marettek faßt die seinem Konzept zugrunde liegende Idee so zusammen: „Beachte, daß der Barwert der Steuerzahlungen möglichst gering wird. Versuche deshalb die Steuerzahlungen so zu beeinflussen, daß Du einen maximalen Finanzierungsvorteil aus der Zinslosigkeit und der Ertragsfähigkeit des durch die Verzögerung des Mittelabflusses zu erzielenden Fiskalkredits erreichst.“

b) das Konzept der Nettokapitalwertmaximierung von Heigl.
Heigl formuliert die seinem Konzept zugrunde liegende Handlungsmaxime so: „Beachte, daß Du Dein Nettoergebnis nach Steuern möglichst groß werden lassen sollst und das nicht erst spät, sondern möglichst früh, und zwar sm so früher, je höher der Zinsverlust ist, den Du sonst erleidest. Versuche dabei Deine Ergebnisse in solche Perioden zu verlagern, in denen das Produkt aus Steuerbemessungsgrundlage und Steuersatz möglichst gering wird.“

Die verbal zunächst sehr einfach anmutenden Modellstrukturen verkomplizieren sich erheblich, wenn man das weder von Rechtsdogmatik noch betriebswirtschaftlicher Systematik durchzogene bundesdeutsche Steuerrecht realistisch abbilden will. Müller-Kröncke, der ein auf der Grundlage des Steuerkapitalwertminimierungs-Konzepts entwickeltes Modell vorstellt, sieht selbst die Grenzen derartiger Modelle: „Die exakte Lösbarkeit der steuerbilanzpolitischen Entscheidungsmodelle kann demnach gegenwärtig nur dann erwartet werden, wenn im Einzelfall die Zahl der Null-Eins-Variablen fünfzig, die der stetigen Strukturvariablen (also ohne Schlupfvariable) und die der Nebenbedingungen zweitausend nicht übersteigt. … schon bei sehr kleinen Modellen (dürften, d.R.) im Einzelfall mehr als fünfzig Null-Eins-Variable erforderlich werden.“

Als einziger Weg bleibt die Vereinfachung der Modelle, „wobei dann allerdings die Konsequenzen der Vereinfachungen für die Aussagekraft der Modell-Lösungen zu beachten sind.“

2.1. Prämissen des Konzepts der Steuerkapitalwertminimierung

Verfolgt man ein pragmatisches Wissenschaftsziel, so hängt von der Realitätsnähe der Prämissen eines Modells ab, ob es sich lediglich um theoretische Spielerei oder für die Praxis verwendbare Entscheidungshilfe handelt. In diesem Sinne seien Fragen zu den wichtigsten Prämissen des Konzepts der Steuerkapitalwertminimierung als Anstöße zur Diskussion aufgeworfen.

1. Als Oberziel wird Vermögensmaximierung angenommen.

Abgesehen von den umstrittenen Fragen, ob dieses Ziel realistisch ist und ob man überhaupt von gegebenen Zielfunktionen ausgehen sollte, ergibt sich die Problematik, ob finanzwirtschaftliche Maßstäbe (Bilanzgrößen) zur Erfassung des Vermögens ausreichen. Es fragt sich insbesondere, wie noch nicht in Erfolgsgrößen umgesetzte Potentialgrößen (Personalqualität, Technologiestatus, Marktanteil) bewertet werden sollen.

2. Steuerbilanzpolitik wird als eigenständige Teilpolitik angesehen.

Die auf der Steuerkapitalwertminimierung aufbauenden Modelle gehen davon aus, daß alle anderen betrieblichen Entscheidungen bereits getroffen sind und von den steuerlichen Optimierungen keine Rückwirkungen auf andere Bereiche stattfinden. Dies widerspricht dem Gedanken der integrierten Planung. Problematisch wird es, wenn man sich fragt, ob betriebliche Entscheidungen tatsächlich optimiert werden können, ohne die Steuerauswirkungen zu berücksichtigen. Denn nur dann könnten auch die Steuern sinnvoll isoliert optimiert werden. Einige Autoren glauben zwar, durch iterative Anpassung der Teiloptima dem Gesamtoptimum näher zu kommen, dies kann jedoch wegen des Zerschneidens von Systembeziehungen bei der Bildung von Subsystemen, die den einzelnen Teilplanungen zugrunde liegen, nur versucht, nicht jedoch gesichert werden.

3. Auswirkungen der Planung auf die Zeit nach dem Planungshorizont brauchen nicht beachtet zu werden.

Zwar wird in zahlreichen Unternehmungen so geplant, es fragt sich aber angesichts der Langfristigkeit gerade wichtiger steuerlich relevanter Entscheidungen (z.B. alle abschreibungsfähigen Investitionen) und dem Zwang, auch noch in der letzten Periode vor dem Planungshorizont solche Entscheidungen zu treffen, ob die Auswirkungen tatsächlich vernachlässigt werden können, ohne sich vom Optimum einer (nicht realisierbaren) langfristigen Optimierung wesentlich zu entfernen.

4. Von der Planung kann nicht die Existenz zusätzlicher Aktionsparameter abhängen.

Diese Prämisse bedeutet u.a., daß durch die Optimierung der Steuern mehr erworbene Gelder nicht im eigenen Unternehmen investiert werden dürfen, da sonst neue Aktionsparameter entstünden. Die Fragen lauten hier: Beschränken sich Unternehmungen tatsächlich auf externe Anlagemöglichkeiten und differenzieren sie die zur Investition in eigenen Unternehmungen verwendeten Mittel nach der Herkunft?

5. Die Besteuerung der planungsabhängigen Erträge kann durch Minderung des Brutto-Kalkulationszinsfußes hinreichend genau erfaßt werden. Dieser Kalkulationszinsfuß ist im Zeitablauf konstant.

Fraglich ist, ob tatsächlich die durch diese Prämisse implizierte stetige Daueraufzinsung über die Planungsperioden hinweg erfolgt oder die Unternehmungen nicht etwa nach jeder Periode erneut die Mittelverwendung in einer Art Stufenplanung zu gestalten versuchen. Eine weitere Problematik liegt darin begründet, daß die zur Bestimmung der Minderung erforderliche steuerpflichtige Gewinnsumme ebenso wie ein möglicherweise geschätzter Nettozinssatz modellendogene Größen sind. Selbst wenn man diese Prämissen akzeptierte, bleibe immer noch die Konstanz des Zinssatzes fraglich.

6. Die Aktionsparameter erlauben eine beliebige Aufteilbarkeit des gesamten Gewinns des Planungszeitraums.

Hier fragt sich u.a., ob Wahlrechte nicht zeitlich so begrenzt sind, daß die beliebige Aufteilbarkeit eingeschränkt wird.

7. Es wird nur eine Ertragssteuer erhoben.

Diese Prämisse findet sich in den meisten Modellen, da die Berechnung der bundesdeutschen Steuerbelastungen mit ihrer Vielzahl von Steuerarten und unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen nur sehr schwierig, wenn überhaupt, in ein Optimierungsmodell zu integrieren ist.

2.2. Prämissen des Konzepts der Nettokapitalwertmaximierung

Die Prämissen des Konzepts der Nettokapitalwertmaximierung sind weitestgehend identisch mit denen des Konzepts der Steuerkapitalwertminimierung. Abgesehen von der unterschiedlichen, bereits in der Bezeichnung zum Ausdruck kommenden, Zielfunktion gibt es nach Melcher noch zwei weitere Prämissen für die Formulierung der Zielprämisse der Nettokapitalwertmaximierung:

a) Die Entnahme-/Ausschüttungshöhe ist abhängig vom Ergebnisausweis der Handelsbilanz.

b) Ein unterschiedlicher Einsatz des Aktionsparameters Manövriermasse hat gleiche Auswirkungen auf die Höhe der Ergebnisse von Handels- und Steuerbilanz.

Beide Prämissen sind für die grundsätzliche Fragestellung dieser Arbeit, wie sich Konzepte der Steuerplanung in die Gesamtplanung einfügen, von nebensächlicher Bedeutung. Festzuhalten bleibt, daß auch dieses Konzept von der Prämisse der Isoliertheit der Steuerbilanzpolitik ausgeht.

2.3. Weiterentwicklungen der finanzmathematischen Optimierungsmodelle

Im vergangenen Jahrzehnt erfuhren die finanzmathematischen Modelle eine Reihe von Weiterentwicklungen, die jeweils einige der oben genannten Prämissen aufhoben. Bis auf die unten dargestellte Arbeit Schults zeigt jedoch keine Veröffentlichung Wege auf, die Interdependenzen zwischen Steuerplanung und anderen Teilplanungen zu berücksichtigen. Um den Fortgang der wissenschaftlichen Diskussion aufzuzeigen, seien dennoch drei Ansätze kurz vorgestellt:

a) Scherrer berücksichtigt explizit die Anschlußinvestitionen. Statt der idealisierten Aufzinsung mit einem konstanten Satz arbeitet sein Modell mit Gewinnen der Anschlußinvestitionen, die periodenweise unterschiedlich eingehen können. Dadurch wird Prämisse 3 hinfällig, da sich die Horizontwerte in einem solchen Verfahren perioden- (stufen-) weiser Planung zwangsläufig ergeben; Prämisse 5 und 6 entfallen ebenfalls.

b) Prämisse 5 entfällt auch in einem neueren Ansatz von Dedner, Günther und Rünger. Sie entwickeln ein Modell der Vermögensendwertmaximierung, das nur auf modellexogenen Größen aufbaut und unter Berücksichtigung der Planungsabhängigkeit der Gewinnsumme bei Vorgabe eines Bruttozinssatzes die Nettoverzinsung der als Planungsergebnis verfügbaren liquiden Mittel exakt bestimmt.

c) Eisenachs Modell gelingt die Aufhebung der Prämisse 7. Grundlage seines Modells bildet die von Rose entwickelte Teilsteuerrechnung. Mit Hilfe dieser, von Eisenach dynamisierten, Teilsteuerrechnung ist es möglich, alle Ertrags- und Besitzsteuern zu berücksichtigen.

3. Optimierungsmodelle zur simultanen Bestimmung von Investitions-, Finanzierungs- und Produktionsprogrammen mit Berücksichtigung der Steuern

Jacob war der erste, der die Interdependenzen des Finanz-, Investitions- und Produktionsbereiches in einem geschlossenen Modell (der linearen Programmierung) erfaßte. Verschiedene Autoren erweiterten dieses Modell um die Ertragssteuern. Die beiden wesentlichen Vorteile gegenüber den finanzmathematischen Optimierungsmodellen sind:

– Die „Simultanmodelle“ optimieren die Steuern nicht isoliert, sondern integriert.

– Durch die Mitberücksichtigung des Leistungsbereichs werden die Bewertungsprobleme am Planungshorizont erleichtert.

Aber auch für diese Modelle ergibt sich die oben angedeutete Zielproblematik. Hinzu kommen nahezu unüberwindbare Probleme bei der Datenbeschaffung und Problemlösung. Haegerts gemischt ganzzahliges lineares Optimierungsmodell weist bereits n3+9n2+39n+29 Variable, davon 6.n ganzzahlig und 6n2+28n+21 Restriktionen auf. Selbst wenn moderne Rechenanlagen Probleme dieser Größenordnung bewältigen können, stellt sich das Problem der Datenermittlung (welche Unternehmung besitzt eine derartige Organisationsstruktur, daß diese Vielzahl verschiedenartiger Informationen beschafft werden kann?) als unlösbar heraus. Bereits die nicht-steuerlichen Simultanmodelle gelten aus diesem Grund als praktisch nicht anwendbar. Mit Recht (Heinhold) wird deshalb ihr Informationswert in Frage gestellt. Heinhold kritisiert weiter die unvollständige Berücksichtigung der Steuern und unzureichende Definition der Steuerbemessungsgrundlagen. Er kommt deshalb zu dem Schluß: „Die Verwendbarkeit solcher Modelle als Instrumente der betrieblichen Steuerplanung für praktische Unternehmensprobleme ist auf alle Fälle zu verneinen.“

4. Zusammenfassende Beurteilung der Optimierungsmodelle

Theoretisch eignen sich die „Steuersimultanmodelle“ – abgesehen von noch abzustellenden Mängeln (unvollständige Berücksichtigung der Steuern, unzureichende Definition der Steuerbemessungsgrundlagen) – zur Ermittlung eines Totaloptimums. Die praktische Anwendung scheitert jedoch an dem Problem der Datenermittlung, der mangelnden Handhabbarkeit und fehlenden Wirtschaftlichkeit der Planung.

Die finanzmathematischen Optimierungsmodelle sind zwar praktisch durchführ- und lösbar, ihre Lösungen jedoch deshalb unbrauchbar, weil sie nur Suboptima, jedoch keine Totaloptima darstellen. Isolierte Planung ergibt aber notwendigerweise fehlerhafte Ergebnisse.

5. Alternativen zum Totaloptimum

Aus der Erkenntnis heraus, daß ein Totaloptimum praktisch nicht bestimmbar ist, weil sämtliche Interdependenzen nicht in einem handhabbaren Modell abgebildet werden können, haben Wissenschaftler und Praktiker verschiedene Konsequenzen gezogen:

a) den quantitativen Modellen zur Steuerplanung jeden Erkenntnisfortschritt abgesprochen

b) die durch die Suboptimierung auf der Basis zweifelhafter Prämissen entstehenden Abweichungen vom nur theoretisch erreichbaren Totaloptimum in Kauf genommen, um die Wirtschaftlichkeit der Planung zu gewährleisten;

c) statt Optimierungsmodellen Simulationsmodelle eingesetzt;

d) statt der strengen Extremierung nur eine komparative Verbesserung angestrebt.

Auf a) soll nicht weiter eingegangen werden, da der Verfasser dieser These sich selbst widerlegt. Zu b) siehe obige Ausführungen; c) und d) seien im nachfolgenden detaillierter dargestellt.

5.1. Simulationsmodelle

Simulationsmodelle haben dank ihrer Komplexität und dynamischen Orientierung vor allem im Bereich der Unternehmungsgesamtmodelle große Beachtung gefunden. Der wesentliche Unterschied zur mathematischen Optimierung liegt darin, daß bei deterministischen Simulationsmodellen nur Fortschreibungen von Anfangsgrößen stattfinden ohne Berücksichtigung eines Optimalitätskriteriums. Dadurch bleiben die Modelle vom Umfang und der Zahl der benötigten Daten her handhabbar. Sie besitzen große praktische Relevanz. Als Beispiel siehe 5.1.1.

5.1.1. Der Modellansatz von Heinhold am Beispiel des Modells für die Einzelunternehmung

Aufbauend auf dem Konzept der Teilsteuerrechnung entwickelte Heinhold einen praxisorientierten Modellansatz zur quantitativen Steuerplanung. Zur besseren Durchschaubarkeit der Interdependenzen zwischen den einzelnen Steuerarten wählte er eine grafische Darstellungsart (siehe untenstehende Abbildung). Zunächst werden die Bemessungsgrundlagen eingegeben, diese dann mit Steuerfaktorsummen multipliziert, und schließlich werden die Produkte nach Steuerarten getrennt addiert. Die Berechnung des Einkommensteuersatzes erfolgt in einer gesonderten Berechnung.

5.1.2. Integration des Steuersimulationsmodells in Gesamtplanungsmodelle

Insbesondere in der US-amerikanischen Literatur sind eine Vielzahl von Gesamtplanungsmodellen entwickelt worden. Es handelt sich meist um deterministische Simulationsmodelle, also um Modelle von der gleichen Struktur wie die Steuersimulationsmodelle. Die Gesamtplanungsmodelle berücksichtigen die Steuerwirkungen allerdings meist nur vollkommen unzureichend. Dieser Mangel kann, wie Heinhold für sein Modell der Kapitalgesellschaften zeigt, durch deterministische Steuersimulationsmodelle behoben werden. Die Integration dieser Modelle für Teilplanungsbereiche in gleichstrukturierte Gesamtplanungsmodelle ist relativ problemlos möglich. Allerdings führt die Vielzahl von unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen des bundesdeutschen Steuerrechts auch hier zu einer enormen Ausweitung des Modells, wenn alle für das Steuermodell erforderlichen Inputs, die sich im Laufe der Simulation ändern, vom Modell selbst ermittelt werden sollen. Zur Wahrung des ökonomischen Prinzips schlägt Heinhold deshalb die Eingabe einzelner Daten (z.B. nicht explizit im Gesamtmodell auftauchender Bemessungsgrundlagen) in jedem Simulationslauf von außen vor, was bei Simulationsmodellen ohne weiteres möglich ist.

5.2. Schults Ansatz der komparativen Veränderung

„Die Frage, ob man sich bei der Steuerbilanzplanung mit vereinfachten Näherungslösungen begnügt, die zwar kein optimales Ergebnis im theoretischen Sinne ermöglichen, wohl aber zu ‚guten‘ Ergebnissen führen, oder ob man ein theoretisch exaktes, aber in vielen Fällen aufwendiges Verfahren anwendet, ist unter Berücksichtigung der generellen Unsicherheit bei Planungen überhaupt jeweils vom Entscheidungsträger subjektiv zu beantworten.“

Auf der einen Seite sind die Lösungen der Optimierungsmodelle wesentlich aussagekräftiger als die der Simulationsmodelle, bei denen der Planer selbst die Bewertung der Alternativen und Auswahl der optimalen vornehmen muß. Auf der anderen Seite sind die Optimierungsmodelle erheblich aufwendiger, der praktische Einsatz von Totaloptimierungsmodellen ist sogar unmöglich.

Schult liefert nun einen Beitrag, wie man den in der Bewertung und Auswahl liegenden Vorteil der Optimierungsmodelle bei gleichzeitiger Beachtung des Zusammenhangs zwischen Informationskosten und Informationsgüte sowie der Existenz mangelhafter Information nutzen kann. Statt strenger Optimierung schlägt er komparative Veränderung vor. Statt der absolut besten soll im jeweiligen Entscheidungsfall die beste aller bekannten Handlungsalternativen (die „vorteilhafte“) gefunden werden. Daneben will er für einzelne Ziele die Satisfizierung einführen. Handlungsalternativen, die den Bedingungen der komparativen Veränderung bei einzelnen Zielen genügen, sind erst dann zulässig, wenn bei gleichzeitiger Verfolgung anderer Ziele bei diesen Satisfizierungsbedingungen eingehalten werden, insbesondere gesetzte Untergrenzen nicht unterschritten werden.

In derselben Arbeit zeigt Schult grundsätzliche Wege der Weiterentwicklung der finanzmathematischen Modelle auf. Als einer der ersten untersucht er Rückwirkungen der steuerbilanzpolitischen Maßnahmen auf andere betriebliche Bereiche, und zwar am Beispiel von Finanzinvestitionen. Dafür stellt er Rückwirkungen fest. Leider nicht abgehandelt hat Schult den Bereich der Realinvestitionen.

Steuern knüpfen zwar stets an Bemessungsgrundlagen, also finanzwirtschaftliche Größen, an, es fragt sich aber, ob nicht auch Rückwirkungen aus dem güterwirtschaftlichen Bereich vorliegen und zu berücksichtigen sind. Für die Bewertung am Rande des Planungshorizonts wurde oben bereits die Frage aufgeworfen, ob eine rein finanzwirtschaftliche Bewertung ausreicht. Zu untersuchen bleibt, ob eine gemischte (finanz- und güterwirtschaftliche) Betrachtungsweise nicht nur am Rande, sondern auch innerhalb des Planungshorizonts erforderlich ist. Bejahendenfalls bedeutet das den Ruf nach einem Totalmodell. Wobei dann zu prüfen wäre, ob durch die Beschränkung auf komparative Veränderung statt strenger Optimierung ein solches Modell praktisch einsetzbar wäre.
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