Wandern zu Gott

Wer versucht, sein Wandern einmal unter dem Aspekt zu sehen, daß er auf Gott zugeht, kann erfahren, wie relativ für ihn alles wird, was er hier auf Erden tut. Er geht über diese Welt hinweg auf Gott hin. Der Boden entschwindet immer wieder seinen Füßen. Er bietet ihm keinen festen Halt. Wir gehen immer weiter, alles bleibt zurück. Wir berühren diese Erde mit jedem Schritt, aber wir verlassen sie auch ständig. Wir spüren, daß wir nichts mitnehmen können in den Himmel.

So gehen wir uns in eine Freiheit gegenüber der Welt hinein, die uns das Gefühl vermitteln kann: Alles, was wir hier arbeiten und erreichen, worum wir uns hier sorgen, wofür wir uns verantwortlich fühlen, als das vergeht, all das kann unser Wesen nicht ausmachen. Wir sind auf dem Weg auf ein größeres Ziel, zu Gott hin, vor dem all unsere Sorgen und Mühen um die Dinge dieser Welt erst in rechte Licht gerückt werden.

Im Gehen geht uns das eigentliche Ziel unseres Lebens auf. Wir sind auf dem Weg zu Gott.

Pater Anselm Grün – deutscher Mönch, 1977-2013 Cellerar der Benediktinerabtei Münsterschwarzach (*1945), aus „Dem Alltag eine Seele geben“, Herder Verlag 2004